Sozialverbände kritisieren die Pensionen von Beamten als „unzeitgemäß“ und „ungerecht“. Pensionen seien im Schnitt dreimal höher als die Renten der gesetzlich Versicherten. Um das Rentensystem zu erhalten, sollten Pensionen und Renten in einem System zusammengeführt werden, fordert Joachim Rock vom Paritätischen Gesamtverband. So wie in Österreich, wo dies schon vor 20 Jahren passiert ist. Auch der Sachverständigenrat Wirtschaft spricht in einem Arbeitspapier von einer notwendigen Anpassung der Beamtenpensionen.
Als wir über das Thema schreiben, bekommen wir wütende Leser-E-Mails. Der Artikel sei „unterste Schublade“ und „Stimmungsmache“, schreiben sie. Sie bekämen keine zusätzlichen Betriebsrenten und würden viel mehr Steuern zahlen (auch auf die Pensionen). Außerdem würden sie mehr Wochenstunden arbeiten als Arbeitnehmer bei Großkonzernen, seien im Schnitt besser ausgebildet, und würden als Beamte jedoch schlechter als in der freien Wirtschaft verdienen.

Beamtenpensionen vs. Rente: Welche Perspektive man „schon ernst nehmen sollte“
Der Deutsche Beamtenbund (dbb) spricht von einer „Neiddebatte“. Nur ein Vergleich von aktuellen Nettopensionen mit aktuellen Nettogesamtrenten (aus gesetzlicher Rente und Betriebsrente) in ähnlichen Berufen ergebe Sinn. Hier, so der dbb, schmelze der finanzielle Vorsprung der Pensionen gegenüber der Rente auf zwei bis vier Prozent.
Wir fragen Johannes Geyer, Ökonom in der Abteilung Staat des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), was an dem Vorwurf der „Neiddebatte“ dran ist. „Tatsächlich ist das vor allem eine Gerechtigkeitsdebatte“, sagt er BuzzFeed News Deutschland von IPPEN.MEDIA. Das werde schon daran sichtbar, dass häufig nicht über die geringe Höhe der eigenen Rente geklagt werde, sondern über die Höhe der Pension im Vergleich dazu. „Durch die Kürzung der Pensionen würde zwar die Gerechtigkeit hergestellt, aber die Renten nicht steigen.“
Die Perspektive des Deutschen Beamtenbundes „sollte man schon ernst nehmen“. „Sie fehlt oft im öffentlichen Diskurs“, kritisiert Geyer. Dennoch sei klar, dass der Verband natürlich im eigenen Sinne argumentiere. Der dbb bestehe darauf, die Pension von Beamten mit dem Renteneinkommen von Beschäftigten in ähnlichen Gehaltsklassen zu vergleichen. Dann reduziere sich der Unterschied natürlich, doch Beamte müssten von ihrem Gehalt keine Rentenversicherungsbeiträge zahlen. „Das kann man nicht einfach übergehen.“
Ökonom erklärt: Warum Pensionen im Schnitt höher als Renten sind
Man müsse sich die Frage stellen, was der Staat von seinen Beamten und Beamtinnen wolle und warum er ihnen entsprechende Pensionen zahle. „Die Pension kann man als Versorgungszusage interpretieren, wenn ein Beamter oder eine Beamtin im Ruhestand ist“, sagt Geyer. „Man will die rechtliche und wirtschaftliche Sicherheit dieser Personen gewährleisten, weil der Staat auf die Ausübung der Funktionen dieser Beamten angewiesen ist“, erklärt der Ökonom.
Ob dies angemessen und zeitgemäß ist, und was eine Umstellung des Renten- und Pensions-Systems finanziell bringen würde, darüber dürfte wohl weiterhin diskutiert werden, glaubt Dorothea Voss, vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen. „Sowohl Niveau als auch Zugänge zu Beamtenrenten liegen deutlich oberhalb der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung“, sagt sie BuzzFeed News Deutschland. „Sollten sich die Renten für die (steigende) Anzahl der Pensionäre und die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung weiter auseinander entwickeln, ist eine ‚Neiddebatte‘ sehr wahrscheinlich.“